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„… um zu dienen“ (Mk 10,45)

Gedanken zum diesjährigen Oktavmotto

Selten waren sich Politiker, Kulturschaffende und Journalisten aller Couleur so einig mit der vox populi wie an den Tagen zwischen Tod und Begräbnis von Queen Elizabeth II. im September 2022. In den Kondolenzschreiben und anderen Trauerbekundungen wurde immer wieder hervorgehoben, dass die Monarchin die siebzig Jahre ihrer Herrschaft aus pflichtbewusster Dienstbereitschaft heraus gestaltet hat. Ein zum neunzigsten Geburtstag der Königin erschienenes Buch trägt den Titel. „The servant Queen“ – die dienende Königin. Ihr treuer Dienst bis zum letzten Atemzug hat die ganze Welt beeindruckt. Und dem Christen kommen unweigerlich die Worte Jesu in Erinnerung: „Wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein (Mk 10,43).

Das Motto der Muttergottesoktave 2014 ist derselben Perikope des Markusevangeliums entnommen: Jesu Belehrung der um eine Vorrangstellung streitenden Apostel. „Ihr wisst, dass die, die als Herrscher gelten, ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen. Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele“ (Mk 10,42-45). Durch die Wahl dieses Mottos erfüllen unsere Diakone einen Wesensauftrag ihres Weiheamtes: der Kirche beständig vor Augen zu halten, dass sie nicht für sich selbst da ist, sondern für andere. Anhand dieses Leitwortes laden die Oktavprediger uns zu einer doppelten Überlegung ein. Das Motto ist nämlich geeignet einerseits eine persönliche und gemeinschaftliche Gewissenserforschung anzustoßen und andererseits einzustimmen in das große Danke für so viele dienende Herzen und Hände in unserer Kirche und Gesellschaft.

So können und müssen wir uns als Einzelne in Beruf und Familie, aber auch als Pfarreien und diözesane Stellen und Gremien ehrlich fragen: Haben die Last des Alltags oder Verletzungen und Kränkungen meine Dienstbereitschaft sinken lassen? Ist mein/unser Blick geschärft für die Not des Anderen, der am Rande von Kirche und Gesellschaft beheimatet ist? Ist mein Tun von einer Gesinnung des selbstlosen Dienens geprägt oder geht es - wie bei den Aposteln - um Macht, Vorrang, Aufmerksamkeit?  Lässt der inflationäre Gebrauch von - gleich Siegesbannern gepflanzten - Roll-ups oder Logos auf Einladungsschreiben nicht tief blicken?

Das Oktavmotto sollte aber ebenso eine tiefe Dankbarkeit in uns hervorrufen. Denn es gibt sie immer noch, diejenigen, die sich mit viel Herzblut in den Dienst Anderer stellen. Die Kirche Luxemburgs lebt vom Einsatz so vieler Haupt- und Ehrenamtlicher. Deren treue Dienstbereitschaft ist Grund zu Freude und Dankbarkeit! Der Sänger, der gleich in mehreren Kirchenchören „aushilft“, weil seine Stimme gebraucht wird; die Sekretärin, die mit ihrer Kompetenz ein wahrer Segen für Pastoralteam und Pfarrei ist; jene, die in Gremien gemeinsam nach Antworten auf pastorale oder finanzielle Fragen suchen;  die Küsterin, die immer wieder mit tollen Blumenarrangements überrascht; der Pfarrer, der sich Woche für Woche gewissenhaft auf seinen Predigtdienst vorbereitet, auch wenn er weiß, dass seine Zuhörerschaft gering sein wird; die Pastoralreferentin, die sich immer wieder aufs Neue Mühe gibt, eine jugendgerechte Firmvorbereitung zu gestalten; die Menschen, die sich im Besuchsdienst der Kranken-, Alten- und Gefängnisseelsorge engagieren; die Ordensfrau, die nach langem intensivem Berufsleben im Alter den Dienst des Gebets übernimmt; all jene, die ihre Zeit in Katechese und Sakramentenvorbereitung einsetzen und nicht zuletzt die zunehmende Zahl derer, die wieder vermehrt caritative Projekte in den Pfarreien tragen: sie alle und noch viele andere sind Dienerinnen und Diener in der Nachfolge Jesu, der nicht gekommen ist, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen. Ihnen gebührt Anerkennung und Dankbarkeit.

Maria ist uns in solcher Dienstbereitschaft Vorbild und Helferin. Das Evangelium unserer Oktavmesse führt uns vor Augen, dass sie sich, wie bereits bei der Verkündigung durch den Engel Gabriel, auch unter dem Kreuz in Dienst nehmen lässt. War ihr Dienst bisher Mutter des Erlösers zu sein, so wird sie in der letzten Stunde Jesu beauftragt, Mutter aller Erlösten zu sein. Unter dem mütterlichen Blick der „Dienstmagd des Herrn“ sind wir in dieser Pilgerzeit eingeladen, als Einzelne und als kirchliche Gemeinschaft unsere Bereitschaft zum Dienen zu überdenken und zu vertiefen und mit unserer Patronin das Magnificat über die treue Dienstbereitschaft so Vieler in unserer Gemeinschaft anzustimmen.

Das eingangs erwähnte Buch über Königin Elizabeth II.  trägt übrigens den vollen Titel: „The servant Queen and the King she serves“ und handelt von ihrem Glauben als tragendem Grund ihres Dienstes. In Ihrer Weihnachtsansprache des Jahres 2012 fand die Queen hierzu deutliche Worte: „Dies ist die Zeit des Jahres, in der wir uns daran erinnern, dass Gott seinen einzigen Sohn gesandt hat, 'um zu dienen und nicht, um bedient zu werden'. In der Person von Jesus Christus hat er die Liebe und das Dienen wieder in den Mittelpunkt unseres Lebens gerückt“. Vielleicht könnte die Oktave dieses Jahres ja auch genau solch eine Zeit werden!

 

Abbé Patrick Hubert
Bfl. Beauftragter für den Ständigen Diakonat

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